„Hyggelig“ – ein im Dänischen und Norwegischen häufig verwendetes Adjektiv das soviel wie „gemütlich“, „angenehm“, „nett“, „behaglich“ bedeutet. „Hyggelig“ kam neulich im Freundeskreis auf. Sich Weihnachten und Silvester so „hyggelig“ wie möglich machen, während man so brav vor-sich-hin-isoliert. Das war das Ziel. „Es ist schon erstaunlich, wie schnell man sich an etwas gewöhnt.“ Auch dieser Satz fiel bei unserem traditionellen Vorweihnachtsplausch, natürlich online. „Beim ersten Lockdown war man ja schon ein bisschen panisch. Hamsterkäufe – ja oder nein? Würde das Klopapier reichen?“ Schmunzeln. „Und jetzt ist es irgendwie schon so normal geworden.“ „Dann machen wir halt mal wieder Lockdown.“
Ja, wir Menschen gewöhnen uns so schnell an Dinge. Wir sind unheimlich anpassungsfähig. Das hat unsere Spezies so erfolgreich gemacht. Allerdings hat diese Medaille zwei Seiten. Wir können Lebensräume erobern, gewöhnen uns jedoch auch sehr schnell an Bequemlichkeiten. Bequem und gemütlich mögen wir’s ganz besonders. Denn dass spart Energie. Und Energiesparen ist bei uns fest einprogrammiert. Es war für uns überlebensnotwendig.
Doch was hat „hyggelig“ mit Zusammenarbeit und Führung zu tun?
Nun ja, stellen Sie sich einen Garten vor, der von einer kratzigen Hecke umgeben ist. Um aus dem Garten raus zu kommen, muss man schon einige Anstrengungen unternehmen. Man muss sich durch das Gestrüpp kämpfen und zerkratzt sich die Arme. Der Garten ist unsere Komfortzone, die Hecke ihre Grenze.
Wenn wir nicht aufpassen und es uns bequem und „hyggelig“ machen, wuchert die Hecke in den Garten hinein und macht ihn kleiner, kleiner und kleiner.
Mittlerweile haben sich die meisten von uns so an das Zuhause-Bleiben gewöhnt. Wenn man ehrlich ist, ist es auch ziemlich bequem so. Wir können von zuhause aus arbeiten. Wir müssen uns nicht mehr aufwändig herrichten. Wir müssen auch nicht mehr Zeit in U-Bahnen, Bussen oder Autos vergeuden, um auf die Arbeit zu kommen.
Und nun sollen wir nach der schönen, gemütlichen Weihnachtspause wieder ins Büro? Zeit aufs Pendeln verschwenden? Sich mit anderen in die U-Bahn quetschen? Nicht wirklich. Die Hecke um den Garten herum ist schon sehr stachelig. Das der Garten immer kleiner und kleiner wurde, haben wir gar nicht so gemerkt.
Wie wollen Sie nun als Führungskraft ihre Mitarbeiter*innen dazu bringen, sich voller Begeisterung durch das Gestrüpp zu kämpfen? Sich die Arme und Beine zerkratzen zu lassen, nur um zu ihnen ins Büro zu kommen? Je länger die Büro-Pause dauert, umso schwerer wird es werden.
Hinzu kommt, dass die Effekte der Corona-Pandemie viele Menschen zum Nachdenken gebracht und Prioritäten verschoben haben. Homeoffice ist zum „new-normal“ geworden. Die eigene Gesundheit und die nahestehender Menschen ist in den Vordergrund gerückt. Ebenso der Wunsch, mehr Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen oder die eigene Zeit sinnvoll zu nutzen. Da wird keiner von sich aus die Machete nehmen, sich mit „Hurra!“ und voller Energie einen Weg durch das Gestrüpp bahnen.
Wir Führungskräfte werden hier mit Druck nicht weiterkommen. Wir werden unseren Mitarbeiter*innen etwas bieten müssen – eine Atmosphäre, in der es Spaß macht zu arbeiten. Wir müssen den Mitarbeiter*innen das Gefühl geben, dass Sie – und genau Sie – als Person gebraucht werden. Wir müssen ihnen das Gefühl geben, dass Ihre Arbeit sinnvoll und wertschöpfend ist. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass wir künftig Söldner haben, die vereinzelt und alleine vor sich hin arbeiten. Dann haben wir wieder das Problem, dass sich keiner für etwas verantwortlich fühlt, Fehler und Bedenken nicht meldet. „Es ist ja nicht seines oder ihres.“ Auch der Austausch der Leute untereinander wird immer weniger werden. Wie sollen dann neue Ideen und Sichtweisen entstehen, wenn jeder so in seinem eigenen Dunstkreis lebt?

„Wie unvermögend ist doch der gutwilligste Fleiß der Menschen gegen die Allmacht der ungeteilten Begeisterung.“ (Friedrich Hölderlin)
Diese 3 Maßnahmen helfen uns, die Atmosphäre im Team und die Zusammenarbeit – online und vor Ort – positiv zu beeinflussen:
- Rituale stärken den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Überlegen Sie, was sich bei Ihnen im Team eignet. Ideal sind Rituale, die den informellen Austausch unterstützen. Dadurch lernen wir uns gegenseitig besser kennen, das gegenseitige Vertrauen wächst und wir entwicklen ein besseres Verständnis füreinander. „Wer den ganzen Menschen im Blick hat, kann leichter einmal ein Auge zudrücken.“ Mögliche Ideen für solche Rituale sind: gemeinsames Mittagessen oder Kaffeetrinken – beides geht auch online. Stellen Sie einfach einen Regeltermin ein und jeder der mag, kommt dazu. Wichtig ist: kein Zwang“
Und ganz, ganz wichtig: Humor ist bei solchen Treffen ausdrücklich erlaubt. - Lassen Sie jeden Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen in der Team-/Abteilungsrunde zu Wort kommen. Geben Sie im die Möglichkeit, seinen Kollegen zu berichten, an welchem Thema er gerade arbeitet, auf welche Erfolge er stolz ist und mit welchen Herausforderungen er aktuell kämpft.
Wichtig ist, dass Sie und auch die Kollegen aufmerksam zuhören und ggf. Verständnisfragen stellen. Nichts ist frustrierender als zu etwas zu berichten, wenn keiner zuhört.
Regen Sie die anderen an, Feedback zu geben: Was sie an dem Kollegen und dem was er gerade gesagt hat, toll finden und ob sie ggf. Lösungsideen für die aktuellen Hürden haben.
Vermutlich werden Sie hier ein wenig Durchhaltevermögen brauchen. Es wir eine Weile dauern bis sich dieses Ritual etabliert hat – das Berichterstatten, das positive Feedback und die Unterstützungsideen wie von selbst laufen.
- Regen Sie die Mitarbeiter*innen an, öfter einmal zum Telefonhörer zu greifen oder den bilateralen Austausch untereinander (im Büro oder per Online-Meeting) zu suchen. Vereinbaren Sie mit allen, dass E-Mail-Ping-Pong vermieden werden soll. Hierdurch wird die Distanz nur vergrößert und es führt selten zu einer Lösung. Da müssen wir Führungskräfte uns jedoch auch oft an die eigene Nase fassen. Hier müssen wir konsequent mit gutem Beispiel voran gehen. Auch wenn E-Mail vermeintlich schneller geht.